Halbe Sachen funktionieren nicht. Schon öfter habe ich darüber nachgedacht, was gute Projektleiter von weniger guten unterscheidet. Der Besitz eines Zertifikats ist es jedenfalls nicht!
Einen Punkt habe ich im letzten Blogartikel schon angesprochen: ein guter Projektleiter ist in der Lage eine Vision zu entwickeln und sein Team auf den gemeinsamen Weg mitzunehmen. Grundlage dafür ist, dass er sich selbst mit dem Projektziel identifizieren kann und darauf aufbauend eine Leidenschaft für das Projekt entwickelt.
Wenn man sich auf die Suche nach den Begriffen Leidenschaft und Identifikation macht, dann spuckt Google an vorderer Stelle Vereine – häufig Fußballvereine – aus. Da stellt sich mir die Frage: wie ist es möglich, dass Teams eine solche Leidenschaft und Identifikation für ihr Projekt entwickeln, wie das bei Fans der Fall ist?
Vielleicht nähern wir uns mal von der philosophischen Seite. Eugen Maria Schulak schreibt dazu: “Sie zieht den Einzelnen in ihren Bann. Wird nun ein solcher von Leidenschaft erfüllt und stark bewegt, so hat er auch ein Ziel, einen geschärften Blick. Sein Auge ist zentriert.” Das wäre ja nicht schlecht, wenn alle das Projektziel im Auge hätten. Die manchmal negative Seite, dass Leidenschaft auch blind machen kann und zu Fehlentscheidungen führen kann, wird durch ein gut funktionierendes Team gemildert.
Weiter heißt es noch: “Gleichwohl und aller intellektuellen und moralistischen Abwertung ungeachtet, gilt die Leidenschaft mit Fug und Recht als Mutter aller Schaffenskraft, als Bedingung dafür, Großes und Bedeutendes zu tun.”
Ich würde jetzt nicht so weit gehen und sagen, dass hinter jedem erfolgreichen Projekt Leidenschaft steckt, die das Team antreibt. Aber bei wirklich erfolgreichen Projekten, die dem Team Spaß machen, ist meines Erachtens immer Leidenschaft im Spiel.
Wie erwächst nun Leidenschaft? Meiner Ansicht nach entwickelt sie sich aus echtem Interesse und der Identifikation mit einem Ziel, das erreicht werden soll. Nicht jegliches Interesse muss zwangsläufig zu Leidenschaft führen. Umgekehrt gilt das aber: jegliche Leidenschaft setzt ernsthaftes Interesse voraus.
Daraus ergibt sich direkt: Der Projektleiter identifiziert sich voll und ganz mit dem Projekt oder lehnt dessen Durchführung ab.
Um an dieser Stelle gleich mit nicht interessanten Projekten, die zum Beispiel durch den Gesetzgeber vorgeschrieben werden, aufzuräumen: Der Kontext macht es aus! Wenn ich eine Vision habe, diese verfolge und dafür die Umsetzung eines vom Gesetzgeber vorgeschriebenen Projekts notwendig ist, dann geht es darum, eine Leidenschaft für die Erfüllung der Vision zu entwickeln. Das Projekt ist dann ganz selbstverständlich ein Schritt auf dem Weg zur Erfüllung dieser Vision. Demnach kann es auch mit Leidenschaft angegangen werden. Denn: Halbe Sachen funktionieren nicht!
Da Leidenschaft allein noch keine Projekte realisiert, ist noch ein wenig auf der operativen Ebene zu tun:
Im Team muss für klare Verantwortlichkeiten gesorgt werden. Jedes Teammitglied sollte sein Teilziel leidenschaftlich gern erreichen wollen. Die Delegation von Verantwortung motiviert die Projektbeteiligten. Sie haben dann einen klaren Gestaltungsspielraum und gleichzeitig einen Vertrauensbeweis.
Vertrauen und Leidenschaft sind somit zwei tragende Säulen der Projektarbeit!